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Rechtsprechung:


Stand: online seit 10/04



In einem Berufungsverfahren hatte das Oberlandesgericht Brandenburg darüber zu befinden, ob dem Interessenverband des Videofachhandels ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UWG bzw. ein Unterlassungsanspruch aus Störerhaftung gemäß § 1004 BGB analog gegen eBay wegen jugendgefährdenden oder sonstigen gesetzwidrigen Verkaufsangeboten zusteht.

Das Oberlandesgericht Brandenburg lehnte den gegen eBay geltend gemachten Anspruch auf Unterlassen unter Hinweis auf das Haftungsprivileg für fremde Inhalte gemäß § 5 Abs. 2 TDG a.F. (= § 11 S. 1 TDG n.F.) ab, da es sich bei den Verkaufsangeboten nicht um eigene Inhalte von eBay handele.

Die Inhalte der Verkaufsangebote mache sich eBay nicht zu eigen, sondern weise vielmehr in seinen AGB eindeutig darauf hin, dass es lediglich einen Marktplatz betreibt und Verträge ausschließlich zwischen den Nutzern des Marktplatzes geschlossen werden. Die Angebote seien zudem durch den expliziten Hinweis auf den Verkäufer erkennbar als Fremdangebote gekennzeichnet.
Ein verständiger Internetnutzer gehe daher nicht von einem Angebot eBays, sondern von einem (Fremd-)Angebot eines Dritten (Verkäufers) aus.

Für die fremden Inhalte habe eBay gemäß § 5 Abs. 2 TDG a.F. (= § 11 S. 1 TDG n.F.) nur einzustehen, soweit es positive, d.h. tatsächliche Kenntnis von deren rechtswidrigen Inhalten hat. Das Haftungsprivileg greife zudem auch für die verschuldensunabhängige Haftung nach § 1004 BGB analog ein; ein Unterlassungsanspruch der Klägerin bestehe daher auch nicht unter dem Gesichtspunkt, eBay sei hinsichtlich der rechtswidrigen Verkaufsangebote Störerin oder Mitstörerin.

Anmerkung:
Zunächst erfreut an diesem Urteil die lebensnahe Begründung: Ein verständiger Internet-Nutzer weiß und erkennt, dass es sich bei den auf dem Marktplatz von eBay eingestellten Verkaufsangeboten um Fremdangebote von Verkäufern handelt.

Des Weiteren ist jene rechtliche Bewertung positiv zu bewerten, die eine Haftung für Fremdinhalte des Auktionshauses nur bei positiver Kenntnis von den rechtswidrigen Inhalten als gegeben sieht; mithin eine bloß fahrlässige Unkenntnis der rechtswidrigen Inhalte für nicht ausreichend erachtet.

Hinsichtlich der vertretenen Rechtsauffassung, das Haftungsprivileg des TDG für fremde Inhalte greife auch bei verschuldensunabhängigen Unterlassungsansprüchen ein, ist das Urteil einzigartig und daher bemerkenswert.
Dieser Rechtsansicht dürfte jedoch spätestens nach der zeitlich nachfolgenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes die Durchsetzung in der weiteren Praxis versagt bleiben: Nach Ansicht der höchsten zivilrechtlichen Instanz komme eine Haftungsprivilegierung nur hinsichtlich des Anspruches auf Schadensersatzes in Betracht, hinsichtlich des Unterlassungsanspruches greife das TDG jedoch nicht.
Dies bedeutet aber dennoch nicht, dass ein Auktionshaus stets als Störerin auf Unterlassen in Anspruch genommen werden kann, sondern nur in dem Fall, dass das Auktionshaus die tatsächliche Möglichkeit hatte, das Einstellen der rechtswidrigen Inhalte zu verhindern. Dies ist jedoch in der Regel nicht der Fall, wenn die Angebote in einem automatischen Verfahren durch den Verkäufer unmittelbar online gestellt werden, weil dem Auktionshaus in diesem Fall nicht zugemutet werden kann, jedes Angebot auf die Verletzung von Schutzrechten Dritter zu überprüfen.

Im Ergebnis bedeutet dies: Ein Unterlassungsanspruch gegen Internet-Auktionshäuser besteht in der Regel nur, sofern das Auktionshaus zuvor auf die rechtswidrigen Inhalte hingewiesen und zur Beseitigung der Inhalte aufgefordert wurde.

Sven Kolja Braune, Rechtsanwalt und Partner bei Engelhardt + Braune Rechtsanwälte, Darmstadt