Stand: online seit 02/06

Fristlose Kündigung eines Systemadministrators bei unbefugten Zugriff auf E-Mails
ArbG Aachen Urteil1 vom 16.08.2005, AZ.: 7 Ca 5514/04

Ein Systemadministrator war seit Jahren bei einem Versicherungskonzern beschäftigt. In seiner Eigenschaft als Systemadministrator war ihm der Zugriff auf den E-Mail Verkehr des Unternehmens technisch möglich, arbeitsrechtlich jedoch untersagt. Dennoch griff er wegen eines zuvor geführten Streites auf drei E-Mails seiner Vorgesetzten zu. Nachdem der Zugriff durch das Auslösen einer (vermutlich auf "automatisch bestätigen" eingerichteten [A.d.A.]) Lesebestätigung aufgefallen war, räumte der Admin nach anfänglichem Leugnen schließlich den Zugriff ein.

Der Versicherungskonzern kündigte dem Systemadministrator daraufhin - ohne ihn zuvor abgemahnt zu haben - außerordentlich mit sofortiger Wirkung.

Zu Recht - entschied das Arbeitsgericht Aachen im Rahmen eines vom Systemadministrator angestrengten Kündigungsschutzprozesses.

Der Verstoß wiege so schwer, dass es einer vorherigen Abmahnung nicht bedurfte. Auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit und zahlreich erteilter Hinweise sei dem Systemadministrator bewusst gewesen, dass er durch den Zugriff auf fremde E-Mails einen Straftatbestand (ggf. §§ 202a, 206 StGB i.V.m. § 85 TKG [A.d.A.]) verwirkliche, der arbeitsvertragliche Konsequenzen nach sich ziehen könne.

Anmerkung:
Das Urteil stellt wohl keine Überraschung dar und ist begrüßenswert.
Jedem Systemadministrator muss bewusst sein, dass er aufgrund seiner Position eine besondere Verantwortung besitzt, die ihm eingeräumten technischen Zugriffsmöglichkeiten nicht zu missbrauchen.
Insoweit sollten Arbeitgeber bei der Auswahl ihrer Systemadministratoren nicht nur auf die technischen Skills, sondern auch auf die Soft Skills der Bewerber ein besonderes Augenmerk legen.

Da Systemadministratoren - anders etwa als Ärzte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte - nicht von Gesetzes wegen mit besonderen gesetzlichen Geheimhaltungspflichten und -Rechten (!) ausgestattet sind, tun Arbeitgeber gut daran, dies im Arbeitsvertrag oder durch gesonderte Compliance-Richtlinien zu statuieren!

Jens Engelhardt, Rechtsanwalt und Partner bei Engelhardt + Braune Rechtsanwälte, Darmstadt2.


1 http://www.heise.de/newsticker/meldung/68640

2 www.eb-recht.de