Stand: online seit 04/05
Zulässigkeit von AGB-Klauseln über Anzeige- und Rügefristen von Mängeln
Kammergericht Berlin, Beschluss vom 04.02.2005, Az.: 5 W 13/05
Nach einer Entscheidung des Kammergericht Berlin vom 04.02.2005 - Az.: 5 W 13/05 - ist eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Internet-Versandhändlers für Computer, -Komponenten und -zubehör, nach der Mängel an der Ware ihm innerhalb einer Woche nach Empfang der Sendung gemeldet werden müssen, gemäß §§ 307 Abs.1; 309 Nr.8 lit. b) ee) unwirksam. Zudem stellt ihre Verwendung auch einen Wettbewerbsverstoß im Sinne von §§ 3 , 4 Nr.11 UWG dar.
Zunächst hält das Gericht in seiner Entscheidung fest, dass bei der rechtlichen Beurteilung zwischen offensichtlichen und nicht offensichtlichen Mängeln zu differenzieren ist.
So sind hinsichtlich nicht offensichtlicher Mängel solche Klauseln ohne weiteres wegen Verstoß es gegen § 309 Nr. 8 lit. b) ee) BGB unwirksam, die eine kürzere Rügefrist als die gesetzliche Verjährungsfrist setzen.
In Bezug auf offensichtliche Mängel stellt das Gericht unter Verweis auf eine Entscheidung des BGH fest, dass "jedenfalls solche Klauseln der gemäß § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Angemessenheitskontrolle nicht stand [halten], die dem Käufer nur eine tatsächliche Prüfungs- und Überlegungsfrist von weniger als einer Woche einräumt."
Im streitgegenständlichen Verfahren war dies nach Auffassung des Gerichts der Fall, "weil nach dem Wortlaut der Klausel die Meldung und damit auch der Zugang der Mängelanzeige innerhalb der Wochenfrist erfolgt sein müssen." Und der Käufer daher um die Wahrung der Frist sicherzustellen, die Mängelanzeige vor dem Ablauf der Wochenfrist in die Wege leiten muss, so dass ihm tatsächlich weniger als eine Woche zur Prüfung und Überlegung zur Verfügung steht.
Anmerkung:
Grundsätzlich sind Ausschlussfristen für offensichtliche Mängel nach § 309 Nr. 8 lit. b) ee) nicht zu beanstanden; auch sind sie mit den §§ 475, 651 BGB vereinbar. In der im Beschluss des Kammergerichts zitierten BGH Entscheidung vom 08.07.1998 (BGHZ 139,190 = NJW 1998, 3119) hat der VIII Zivilsenat damals ausgeführt: "Nach Ansicht des Senats ist daher in Verträgen über die Lieferung neu hergestellter Sachen oder Leistungen eine formularmäßig vereinbarte Anzeigepflicht für offensichtliche Mängel im Regelfall nur dann angemessen, wenn sie dem Kunden eine Prüfungs- und Überlegungsfrist von mindestens einer Woche verschafft." Anhaltspunkte für die Bestimmung dieses erforderlichen Zeitraums fand der Senat dabei in den gesetzlichen Regelungen der Widerrufsfristen in § 1b Abs. 1 AbzG, § 7 Abs. 1 VerbrKrG und § 1 HWiG.
Diese gesetzlichen Bestimmungen sind jedoch im Zusammenhang mit der Schuldrechtsreform vereinheitlicht und modifiziert worden. Während danach die alten Bestimmungen des § 1b Abs. 1 AbzG, § 7 Abs. 1 VerbrKrG und § 1 HWiG noch jeweils ein einwöchiges Widerrufsrecht normierten, steht jetzt dem Verbraucher regelmäßig nach § 355 Abs. 1 BGB ein zweiwöchiges Widerrufsrecht zu. Demgemäß verweist nunmehr § 495 Abs. 1 BGB für Verbraucherdarlehensverträge und § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB für Haustürgeschäfte auf die Widerrufsfristen des § 355 BGB.
Es erscheint daher Vorsicht geboten, das vom Kammergericht zitierte BGH Urteil auch zukünftig als Begründung für die Rechtmäßigkeit einer formularmäßig eingeräumten einwöchigen Anzeige- und Rügefrist für offensichtliche Mängel uneingeschränkt heranzuziehen.
Die Wirksamkeit einer entsprechenden AGB-Klausel muss sich an § 307 BGB orientieren, wobei deren Auslegung durchaus die Heranziehung ähnlicher Regelungsanliegen gestattet bzw. sogar verlangt. Belässt man danach den über § 355 BGB veränderten Widerrufsfristen ihre normative Leitfunktion für die Angemessenheit einer der Anzeige- und Rügefrist, so müsste zukünftig von eine erforderlichen Frist von zwei Wochen, bezogen auf die Absendung der Anzeige ausgegangen werden. (So auch: Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 309 Rdnr. 71.)
Sven Kolja Braune, Rechtsanwalt und Partner bei Engelhardt + Braune Rechtsanwälte, Darmstadt
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